Ein Festival, auf dem alle im Minirock rumlaufen? Quatsch, machen zwar viele und ist auch meist hübsch anzusehen, doch an sich richtet sich das Mini-Rock-Festival eher an die Musik. Wie der Name schon sagt, ein kleines Festival, dass sich größtenteils der Rockmusik widmet. In diesem Jahr findet das Festival in Horb am Neckar bereits zum 10.Mal statt. Am ersten Augustwochenende pilgerten etwa 10 000 junge Festivalfreunde in den Nordschwarzwald. Ist im Vergleich zu den gängigen großen Festivals nicht besonders viel, aber das ist ja das Schöne. Es ist klein, familiär und für mich mittlerweile seit vier Jahren Tradition.
Organisiert wird es von etwa 30 ehrenamtlichen Jugendlichen, deren Ziel es ist, einfach ein geiles Festival in ihre sonst doch eher öde Kleinstadt zu bringen. Während bei den großen Festivals der Profit im Mittelpunkt steht, dreht sich beim Mini-Rock-Festival alles um den Besucher. Schon der Eintrittspreis ist mit 60 Euro für zwei Tage inklusive Camping und Müllpfand ziemlich günstig. Zusätzlich werden einige Zusatzsangebote, einfach aus Spaß oder für extra Komfort, gratis angeboten.
Bands
Für viele Festivalbesucher sind die Bands eher zweitrangig. So auch für mich. Ich freu mich schon, wenn ich fünf Bands im Line-up überhaupt kenne. Was vor zehn Jahren als Rockfestival startete, bedient mittlerweile auch das eher Hip Hop-affine Publikum. Bei einem ehrenamtlichen Festival mit 10 000 Besuchern ist es klar, dass dort wohl nie die Foo Fighters oder Metallica auf der Bühne stehen werden.
So haben eher kleinere oder weniger bekannte Bands die Chance auf einen Headlinerslot. Dies bedeutet allerdings nicht, dass sie musikalisch den Großen viel nachstehen!
Besonders freute ich mich auf den Aufritt der Münchner Alternative-Metal Band Emil Bulls am Freitagabend. Vielleicht auch nicht für jeden was, aber für mich persönlich zählen die Jungs zu den besten deutschen Livebands. Auftritte von ihnen machen einfach Spaß! Vor der großen Bühne war ordentlich was los, doch nicht so viel, dass es unangenehm wird. Ohne große Mühen konnte ich mich ganz vorne platzieren, während sich hinter mir ein großer Circle Pit aufbaute.
Im Anschluss spielte das Duo SDP, dieses Jahr einer der Headliner. Unbekannt, aber seit ihrem Hit mit Sido schwer im Kommen. Am Samstagnachmittag gab ich mir auf der kleinen Zeltbühne die drei Mannheimer Rapper Konvoy. Wie schon auf dem Southside im Juni standen nur wenige vor der Bühne, doch für mich waren sie die Headliner der Herzen. Sympathische Kerle, tiefe, aber auch lustige Texte, Beats die nach Hitze klingen und ganz viel Spaß auf der Bühne – ich hoffe, dass man demnächst etwas mehr von ihnen hört. Außerdem mit dabei waren beispielsweise OK Kid, Anti-Flag, Zebrahead, Weekend, Maxim und einige mehr. Ich bin gespannt, wer von dem diesjährigen Line-up es in den nächsten Jahren auf die größeren Bühnen schafft. In den letzten vier Jahren meiner Mini-Rock-Karriere haben es einige Künstler von Zero zum Hero gebracht. 2011 waren Kraftklub und Casper noch ganz kleine Nummern auf dem Mini-Rock, dieses Jahr gehörten beide zu den Headlinern auf dem Southside.
Camping
Obwohl ich nur zwanzig Minuten von Horb aufgewachsen bin, bevorzuge ich es doch, vor Ort zu campen. Warum? Es ist einfach nur wahnsinnig gemütlich auf dem Mini-Rock zu zelten.
Während man bei großen Festivals ständig damit beschäftigt ist, keine Band zu verpassen, hat man auf dem Mini-Rock einfach Zeit.
Zeit zum Leute kennen lernen, zum Schlafen, zum Baden im Neckar, zum Einkaufen, zum Flunkyball spielen und so weiter. Vor zwei Jahren zog das Festival vom Industriegebiet mitten in die Stadt und hat seither zwei Campingplätze, die vom Neckar geteilt werden. Die Plätze sind überschaubar – aber so lernt man schnell viele Leute kennen, muss nicht die allergrößten Strecken hinter sich bringen um von A nach B zu kommen und findet sich leicht wieder.
Stimmung und Aktivitäten
Wie schon gesagt – auf dem Mini-Rock hat man Zeit. Und was fängt man mit dieser Zeit an? Hauptsächlich Leute kennen lernen. Meine Meute und ich hatten dieses Mal fast jede Stunde einen neuen Gast in unserer Runde sitzen, der beim Vorbeilaufen eingeladen wurde. Meiner Meinung nach sind die Menschen auf dem Mini-Rock kommunikativer als auf anderen Festivals. Allerdings auch ziemlich jung.
Viele Besucher sind, wie der Name schon sagt, wirklich mini.
Ich mit meinen 22 Jahren konnte mich beinahe schon zum älteren Drittel zählen. Das mag wohl daran liegen, dass selbst Schüler sich den günstigen Eintrittspreis leisten können. Doch ich vermute, dass ich mich spätestens in fünf Jahren sehr fehl am Platz fühlen werde. Beim Neckarbaden allerdings kommt es weniger auf das Alter, sondern vielmehr auf das Wetter an. Bei Sonnenschein und Hitze gibt es auf dem Mini-Rock kein besseres Kontrastprogramm zu den Konzerten als sich im Neckar zu erfrischen oder sich auf der Wiese daneben zu sonnen.
Die Organisatoren haben sich einiges einfallen lassen, damit niemandem langweilig wird. Dieses Jahr gab es einen Skatepark mit Contest, Weißwurstfrühstück, Dodgeballturnier und Karaoke am Vorabend des Festivals. Alles gratis natürlich und zur reinen Belustigung der Besucher. Besonders chillig fand ich die Strandbar. Strandstühle, Musik, Cocktails, DJs und das fast rund um die Uhr. Perfektes zum Auskatern und Kraft für die Konzerte zu sammeln. Weil das Mini-Rock eben klein und familiär ist und viele Bands nicht gerade im Erfolg baden, mischt sich der ein oder andere Künstler unter das gewöhnliche Festivalgesocks. Macht irgendwie Spaß so auf Augenhöhe mit den Künstlern zu sein und eventuell sein Lob persönlich zu überbringen.
Fazit
Leider war das Festival für mich dieses Jahr viel zu kurz. Wir reisten erst Freitagnachmittag an und der spontane Regen am Samstag Abend verdarb ein wenig die Stimmung. Nächstes Jahr allerdings bin ich auf jeden Fall wieder dabei, egal welche Bands auf der Bühne stehen. Dieses Festival ist Erholung und Eskalation in einem und bietet für wenig Geld 100% Festivalfeeling mit familiärem Touch. Dennoch mag es nicht unbedingt Jedermanns Sache sein – viele vermissen sicherlich die Bands mit den großen Namen oder finden alles etwas amateurhaft – aber dafür, dass junge Leute ehrenamtlich ein super Wochenende für 10 000 Menschen auf die Beine stellen, muss wohl nicht nur ich meinen Hut ziehen.
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