Nina Athanasiou: Fashion Designerin, Bayerin, Mutter, Künstlerin, Perfektionistin
2008 gründete sie ihr gleichnamiges Label in München. Der große Erfolg jedoch kam für sie zuerst in New York, wo sie heute noch regelmäßig an der Fashion Week teilnimmt. Nach dem Modedesignstudium verschlug es die gebürtige Landshuterin jedoch erst einmal ins Nachtleben. Sie eröffnete eine eigene Bar, die damalige Trinkhalle in der Baaderstraße. Als dann ihre beiden Kinder zur Welt kamen, holte sie ihre eigentliche Leidenschaft wieder zurück in die Modewelt. Nina verwendet ausschließlich hochwertige Materialien wie Leder und Seide, umgesetzt in puristische, starke und extravagante Designs. Ihre äußerst kreativen Fashion-Videos transportieren ihre Kunst in eine skurrile, einzigartige Welt. Trotz des geografischen und organisatorischen Spagates ist Nina eine sehr bodenständige Frau mit beachtlicher Stärke.
Deine Mode besteht aus viel Leder, Samt, Seide und einigen Fetisch-Elementen. Wie wichtig ist das Spiel mit verschiedenen Stoffen für dich?
Ganz wichtig! Darauf baut eigentlich fast jede Kollektion auf, sodass es ziemlich extreme Stilbrüche teilweise gibt. Fließende, zarte Seide in Kombination mit richtig grobem Leder oder eben feminine, fließende Kleider, die dann einen härteren Stoff drüber haben. Das ist mitunter immer Grundelement. Auch die alten Bundeswehrdecken sind alte Materialen, die man jetzt wieder neu verwenden kann. In der letzten Kollektion hatten wir auch Bundeswehr-Seesäcke, Satteltaschen und Halfter aus alten Stasi-Beständen.
Du reist viel und bist auf einigen Fashion Weeks vertreten. Mit welcher Fashion-Metropole kannst du dich am meisten identifizieren?
Ganz klar New York. Die Stadt ist meine große Liebe, es ist die Stadt der Städte für mich. Wenn ich da bin gehts mir gut und da fühle ich mich wohl. Die Leute mit denen ich da arbeite, liebe ich heiß und innig und es ist schon alles vertraut. Nach New York zu kommen ist für mich inzwischen wie Heimkommen. Meistens nehme ich mir dort ein Apartment in der Lower Eastside.
Mit deinen Models, Shows und Videos vertrittst du meist eine surreale & skurrile Welt. Was fasziniert dich daran so?
Ich finde, dass einfach nur „schön“ auch ein bisschen – also es ist schon eine tolle Sache aber – es ist gleichzeitig auch langweilig. Das ist zu einfach für mich. Deswegen dann auch solche Models wie Shaun Ross oder Melanie Gaydos, die eben einfach eine Persönlichkeit mit einbringen. Dann ist es nicht mehr einfach nur schön, sondern da ist ein „bähm!“ dahinter. Es soll nicht einfach nur gefallen, sondern es soll ein richtiger Eindruck bei den Leuten bleiben.
Dein Label startete zuerst in New York richtig durch. Denkst du Deutschland ist noch zu prüde für deine Mode?
Ich muss aufpassen, ich lästere immer ganz viel über Deutschland und Bayern obwohl ich liebe ja München und ich lebe gerne hier. Aber ich glaube schon, gerade was Mode angeht, ist eine Metropole wie New York, London oder San Francisco natürlich ein Stückchen weiter vorne. Das bringt es zwangsläufig denke ich auch mit sich, wenn sehr viel mehr Schichten und ethnische Gruppen usw aufeinandertreffen. Ich glaube, dass München und Deutschland schon auch sehr weltoffen sind, aber es gibt eben nicht so viel Input wie in einer riesigen Großstadt. Dem entsprechend braucht es ein bisschen länger, bis solche Sachen dann auch straßentauglich sind und akzeptiert werden.
Angenommen du hättest sämtliche Materialen und unendlich Budget zur Verfügung. Was würdest du designen?
Oh Gott! Ich würde eine komplette Kollektion machen, die nur Haute Couture ist, absolut untragbar im Alltag. Und würde damit einen riesigen Film inszenieren, der an den geilsten Locations gedreht wird, mit den größten Models. Von den Stoffen würde ich bei den qualitativ hochwertigen Sachen bleiben, aber ich würde viel Detailarbeit leisten. Zum Beispiel kann man ein Kleid machen, welches komplett mit Perlen bestickt ist. Denn genau da geht das Budget oft aus und man nicht alles z.B. mit diesen Silberfliegen besticken, sondern nur teilweise einsetzen. Solche Spielereien könnte man sich dann gönnen.
Deine Kollektionen betonen stark die jeweiligen Geschlechter. Die Damenkollektion ist sehr feminin, sexy und stark. Wie siehst du dich selbst als Frau und Mutter?
Uhhh… also das Ding ist ja, dass ich meine Sachen zum Beispiel selbst nie anziehe. Was nichts damit zu tun hat, dass ich die Sachen nicht gut finde. Ich stehe komplett hinter dem was ich mache, nur bin ich einfach nicht der Typ dafür. Privat trage ich eher Understatement und Leger. Aber natürlich designe ich die Sachen für einen Frauentyp, den ich irrsinnig toll finde. Also taffe, starke Frauen, die eben auch gern ein Statement mit dem abgeben, was sie tragen.
Bist du immer die Starke, oder gibts auch mal schwache Momente? Wie ziehst du dich wieder hoch?
Diese schwachen Momente gibts noch und nöcher. Ich versuche immer wahnsinnig taff und wahnsinnig stark zu sein. Die Super-Über-Mami, die alles hinbekommt und ihre Kinder pünktlich von der Schule holt und noch Kuchen backt und trotzdem diesen Fashion-Film dreht und die Kollektion macht. Das klappt logischerweise nur selten so reibungslos. Dementsprechend, solche Kleinigkeiten wie, dass ich manchmal schon in Tränen ausbreche, wenn die Kinder nicht Zähneputzen wollen, hab ich schon. Da reicht dann so ein kleiner Tropfen und das Fass läuft über. Aber im Grunde genommen, mich selbst wieder zu motivieren ist gar nicht so schwer. Eben durch die Arbeit, weil mich das wahnsinnig motiviert. Dann steckt man sich das nächste Ziel und arbeitet drauf hin und wenn das erreicht ist, kommt das Nächste. Es schafft einen total, aber gleichzeitig hält es mich am Laufen und in Gang. Nach jeder Show habe ich mindestens drei Tage den Punkt wo ich sage „das ist totaler Schwachsinn was ich da mache, warum tue ich mir das überhaupt an?“ Und ich schwöre mir, ich werde nie wieder eine Show machen und ich werde erst recht keinen Film mehr drehen und überhaupt ist dieser ganze Modequatsch voll für’n Arsch. Und dann legt sich das wieder und ich denke mir naja… man könnte ja zumindest sowas Kleines nochmal machen und dann baut sich das Ganze eben wieder auf.
Deine Models sind oft ausgefallen und bekannt für ihr extravagantes Aussehen. Du hattest z.B. Shaun Ross, Hana Nitsche und Melanie Gaydos. Wie wählst du deine Models aus?
Gerade auch bei Models wie Shaun, der ja auch schon sehr lange dabei ist, ist es eine reine Bauchentscheidung. Ich muss wirklich mit den Leuten klarkommen, sonst geht das nicht. Dementsprechend wird das dann auch alles immer ganz eng, freundschaftlich und familiär. Bei den Models für die Shows gehts mir eher um den ersten Eindruck. Sobald es bei mir klickt und irgendwas hängen bleibt, passts. Sie sollen klassisch nicht einfach nur schön sein, weil mir das meistens zu wenig ist, da muss noch irgendwas dabei sein. Bei den Filmen arbeite ich nur mit Models, die ich bereits kenne und mit denen ich schon gearbeitet habe. Denn sie müssen nicht nur dastehen, sondern sie müssen etwas präsentieren, wirken und wissen wie sie sich bewegen müssen. Für die Shows gibts ganz klassisch Castings, das ist für mich immer eine relativ unangenehme Angelegenheit, wo ich dann ab- oder zuwinken muss. Das hasse ich fürchterlich, ich finde das ganz ganz schrecklich. Aber so werden die Models ausgesucht, die dann neben meinen immer Standard-Allzeit-Models laufen.
Was sind deine Trend Tipps für Spring/Summer 2015?
Ich glaube, dass die Print-Geschichte noch lange nicht vorbei ist. Es wird weiterhin super viele großflächige, bunte Prints geben. Ich glaube auch, dass es diesen Sommer viel Transparenz geben wird bei den Mädels, vielleicht sogar auch endlich mal bei den Jungs. Ich glaube außerdem, dass Bermudas wieder ganz ganz groß werden, ich werde dran festhalten. Auch gibt es immer mehr Accessoires, deshalb halte ich auch weiterhin dran fest, dass ich mich teilweise verkünstle und übergroße Armreife und Gürtel und ich weiß nicht was nehme.
Danke dir liebe Nina!
Web: http://www.nina-athanasiou.de
Facebook: https://www.facebook.com/athanasiounina
Instagram: https://instagram.com/ninaathanasiou/
Fotos by Nina Athanasiou & Mozrad Gerlach
2 Comments
[…] da gab es einige, aber ich glaube am Herausragendsten ist die Zusammenarbeit mit Nina Athanasiou, weil ich a) dadurch zweimal in den Staaten war und sogar eine Veröffentlichung in der Vogue hatte […]
[…] bis dieses Seil riss. (Mehr zu Nina im Artikel von Easywriters im Interview mit Nina. Chris Leidenschaft fürs Filmdrehen in seiner Jugend brachte ihm einen Liebesbrief der deutschen […]